Das Töten von männlichen Eintagsküken wurde seit Jahren im Agrarsektor und bei Verbraucherinnen und Verbrauchern kontrovers diskutiert. Jährlich wurden bis Ende 2021 in Deutschland etwa 40 Millionen Küken unmittelbar nach dem Schlupf manuell aussortiert und getötet, weil für männliche Küken aus Legehennen-Linien kaum ökonomisch tragfähige Verwendungsmöglichkeiten existieren. Als Konsequenz erfolgte zum 1. Januar 2022 der gesetzliche Erlass zum Verbot von Töten männlicher Eintagsküken in Deutschland. Zielsetzung der vom BMLEH im Programm der Innovationsförderung seit 2008 fortlaufenden geförderten Forschungsvorhaben war es, Analysemethoden zu entwickeln, die beim Haushuhn bereits vor dem Schlupf des Kükens eine sichere Geschlechtsbestimmung erlauben und zu einem Zeitpunkt einsetzbar sind, bei dem noch kein Schmerzempfindungsvermögen des Hühnerembryos anzunehmen ist.
Prof. Dr. Almuth Einspanier, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig
Eine solche Methode muss dabei praxistaugliche, schnell, möglichst kostengünstig und präzise sein. Zudem sollte sie nicht zu einer maßgeblichen Verringerung der Schlupfrate oder einer Beeinträchtigung der Tiergesundheit oder von Leistungsparametern der geschlüpften weiblichen Küken führen.
Bei den geförderten Projekten wurden dabei zwei verschiedene Lösungswege verfolgt:
Gemeinsam mit Wirtschaftspartnern und weiteren Forschungseinrichtungen wurde durch die Universität Leipzig für beide Lösungswege die Methodik erarbeitet und Prototypen entwickelt, die für den vollautomatischen Einsatz in Brütereien optimiert wurden. So konnte im zuletzt geförderten Projekt “Anwendung der endokrinologischen In-ovo-Geschlechtsbestimmung beim Haushuhn mittels Liquid-Chromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS) zur Entwicklung marktreifer Konzepte” (Projektende Dezember 2024) für Bruttag 9 eine effektive Beprobung der Allantoisflüssigkeit zu 100 Prozent erprobt und somit eine zu 100-prozentsichere Geschlechtsbestimmung ermöglicht werden. Mit diesem wissenschaftlichen Durchbruch wurden praxistaugliche Lösungen gefunden, die das Töten männlicher Küken in Legehennenbetrieben überflüssig macht. So können ethische Konflikte entschärft und der Tierschutz gewährleistet werden.
Prof. Dr. Almuth Einspanier, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig
Die jahrelange Forschung leistete einen entscheidenden Beitrag, das Töten von männlichen Eintagsküken zu beenden. Mit dem über die Jahre entwickelten Verfahren wurde ein erster Ansatz zur industriellen In-ovo-Geschlechtsbestimmung geschaffen.
Gemeinsam mit dem Projektpartner SELEGGT GmbH wurde die endokrinologische Geschlechtsbestimmung für den massentauglichen Einsatz weiterentwickelt und eine serienreife Technologie etabliert. Seit November 2018 sind Konsumeier, deren Legehennen als Brut-Ei das neue Verfahren durchlaufen haben, im Handel verfügbar.
Bei der spektroskopischen Geschlechtsbestimmung wird gegenwärtig mit den Projektpartnern an dem Transfer in die Praxis gearbeitet.
Die Universität Leipzig beschreibt die Zusammenarbeit als konstruktiv. Die BLE begleitete von Anfang an die Projekte von der Antragstellung über die Projektdurchführung bis hin zur Berichterstattung. Bei auftretenden Fragen oder im Projektverlauf aufkommenden Herausforderungen konnte der Zuwendungsempfänger jederzeit kompetente BLE-Ansprechpartner finden, die freundlich und zielführend unterstützten.
Im Rahmen seiner Initiative "Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl" fördert das BMLEH das Verbundforschungsprojekt zur "In-Ovo-Geschlechtsbestimmung" an der Universität Leipzig. Die Geschlechtsbestimmung am befruchteten Hühnerei stellt nach derzeitigem Kenntnisstand die Option mit dem größten Potential dar, um das Töten männlicher Küken zu beenden.